Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des stets Barmherzigen:
Alles Lob und aller Dank gebührt Allah, dem Herrn aller Nationen. Friede sei mit all Seinen Gesandten und rechtschaffenen Dienern.
Im vorangegangenen Teil haben wir das Gebet der Söhne Israels untersucht und erfahren, dass es im Ursprung genau dasselbe Gebet ist, das auch wir Muslime verrichten. In diesem Teil werden wir dieselbe Thematik aufgreifen, uns anstelle des Gebetes jedoch auf die Zakat, die reinigende Pflichtabgabe, fokussieren.
وَأَقِيمُوا الصَّلَاةَ وَآتُوا الزَّكَاةَ وَارْكَعُوا مَعَ الرَّاكِعِينَ
Haltet das Gebet aufrecht, entrichtet die reinigende Pflichtabgabe und verbeugt euch mit den sich Verbeugenden.
~ Al-Baqara (Die Kuh) 2:43
Wie haben die Juden gespendet?
Nicht erst bei den Söhnen Israels, sondern schon immer war es bekannt, dass die verpflichtende Abgabe eines Gläubigen zehn Prozent seines gesamten Ertrages beträgt.
Diese Angabe ist in diversen Bibelversen sowie in früheren Schriften ursprünglich monotheistischer Religionen wie beispielsweise dem Hinduismus wiederzufinden.1
Die reinigende Pflichtabgabe wurde von der religiösen Autorität, die meist gleichzeitig Staatsführer gewesen ist, eingefordert und infolge festgelegter Regelungen eingesammelt. Nicht zu zahlen, war keine Option, da dieses göttliche Gebot für jeden Gläubigen verpflichtend war. Diese Spenden wurden dann für die Aufrechterhaltung des Staates einschließlich der Verpflegung aller bedürftigen Bürger genutzt. Weiterhin wurde damit die Verbreitung der Religion sowie die Gewährleistung von Frieden und Gerechtigkeit finanziert.
Die reinigende Pflichtabgabe im Koran und den Hadithen
Im Koran gibt es keine genaue Angabe zur Höhe der reinigenden Pflichtabgabe. Doch nutzt Allah in den diesbezüglichen Koranversen, wie auch hinsichtlich des Gebets, den bestimmten Artikel. Sprich: Er befiehlt die reinigende Pflichtabgabe, die bereits bekannt und keineswegs eine Neuerscheinung war. Außerdem umschreibt Er sie in einem Vers als den bekannten Anteil, ohne diesen Anteil jemals benannt zu haben. Denn es liegt in der Methodik des Korans, bereits allseits bekannte Gegebenheiten nicht detailliert zu wiederholen; er erinnert lediglich daran, sich entsprechend danach zu richten und sie einzuhalten.
In den Hadithen wiederum finden wir ebenfalls die Angabe der zehn Prozent wieder, wenn es um die Spendenabgabe vom eigenen Ertrag geht. Dies ist kontextuell auf das Ackerland begrenzt, jedoch liegt das daran, dass dies zur damaligen Zeit das einzige oder das mit Abstand verbreitetste Geschäft war, welches einen Ertrag bzw. den Lebensunterhalt lieferte.
Die allseits bekannten 2,5 Prozent bzw. ein Vierzigstel werden in den Hadithen explizit für Gold und Silber genannt, was darauf hindeutet, dass dies für ersparte und zurückgelegte Wertgegenstände zu verstehen ist. Um das Horten solcher Ersparnisse zu verhindern, wurde vom Gesandten Muhammed, Allahs Friede und Segen seien mit ihm, die bereits existierende 10%-Regelung mit der 2,5%-Regelung erweitert. Mehr dazu kann in einem unserer früheren Koranreise-Beiträge über das Konzept der Spende im Islam nachgelesen werden.2
Was ist dann unser Unterschied zu den Juden?
Wenn so viele Ge- und Verbote Allahs doch bereits bekannt gewesen sind und die Juden sie ebenfalls ausübten, weshalb ist dann der Koran herabgesandt worden und was ist überhaupt der Unterschied zu den vorherigen Offenbarungen? Dass all diese Gebote bekannt waren, heißt nicht, dass keine Korruption bzw. Missachtung vorherrschte. Die Menschen wurden von ihren vermeintlichen Gelehrten für ihre eigenen Zwecke manipuliert und ausgenutzt.
Das Gebet wurde abgeändert bzw. abgeschwächt und die Spendeneinnahmen wurden nicht mehr auf die richtige Weise für den Staat, die Verbreitung der Religion sowie die Verpflegung der Armen und Bedürftigen eingesetzt. So kam der Koran als Erinnerung, doch nicht jedesmal mit genau denselben Gesetzen. Größtenteils ist alles erhalten geblieben, jedoch gibt es teilweise kleine, aber feine Anpassungen bzw. Erleichterungen, die Allah infolge Seiner Weisheit und Seinem Allwissen vorgenommen hat.
Doch eben diese eindeutige Ähnlichkeit der Thora zum Koran hätte die Söhne Israels doch zum Glauben bringen müssen! Der eine Unterschied, dass der Prophet dieses Mal nicht einer der Söhne Israels war, reichte ihnen jedoch aus, um die Botschaft abzulehnen.
Im nächsten Teil werden wir, so Allah will, auf das Phänomen eingehen, andere Menschen zu ermahnen und dabei selbst dieselben Fehler zu begehen.
[1] vgl. Genesis 14:18-20, 28:20-22, Leviticus 27:30-33, Numeri 18:21-26, Deuteronomium 14:28-29, 26:12-13, What Is Hinduism?: Modern Adventures Into a Profound Global Faith, Himalayan Academy Publications, 2007 und siehe Dashamamsha in den Veden.
[2] https://himmelsschueler.wordpress.com/2021/03/15/koranreise-al-baqara-teil-11-das-spenden-2/